Einmonatige Widerrufsfrist im Online-Handel

Kammergericht Berlin, Urteil vom 18.07.2006, 5 W 156/06

25.07.2006

Beim Handel auf e-bay beträgt die Widerrufsfrist für Verbraucher einen Monat. Das Kammergericht (KG) Berlin beurteilte die sonst übliche Zweiwochenfrist als wettbewerbswidrig. Zur Begründung führten die Richter an, dass dem Verbraucher die Belehrung in Textform vor Vertragsschluß vorliegen muss.

Die Textform sei aber bei Angeboten auf der Plattform ebay nicht gewahrt. Textform bedeute nämlich, dass die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneter Weise abgegeben ist. Dieser Vorgabe entspreche aber die rein temporär abrufbare Belehrung auf der ebay Seite nicht. Die Textform sei nur gewahrt, wenn der Verbraucher die Gelegenheit zur dauerhaften Wahrnehmung habe, z.B. durch Ausdruck der Seite, einem Download oder der Abspeicherung auf der Festplatte. Diese Voraussetzungen seien mit der bloßen Wiedergabe auf der ebay-Angebotsseite nicht erfüllt. Da folglich dem Verbraucher vor Abschluß des Vertrages keine Belehrung in Textform vorliegt, müsse die dann vom Gesetzgeber vorgesehene Alternativfrist von einem Monat angewendet werden.

Zum Beginn der Widerrufsfrist führte das KG aus, dass diese erst zu laufen beginne, wenn dem Verbraucher die Belehrung in Textform vorliegt. Der Erhalt der Ware allein genüge nicht für den Fristbeginn.

Mehr zu typischen Problemen beim Online-Handel finden Sie auch meinem Artikel SICHER VERKAUFEN IM INTERNET

Kommentar Rechtsanwalt Martin Boden:

Die Entscheidung wird in erster Linie zu einer neuen Welle von Abmahnungen bei ebay Händlern führen. Die Meisten, die eine Widerrufsbelehrung aufgenommen haben, halten sich an den amtlichen Vordruck, der eben nur eine Zweiwochenfrist vorsieht. Die Entscheidung ist an sich gut begründet, beinhaltet m.E. jedoch eine gewisse Praxisferne. Das KG erwähnt in der Entscheidung als Beispiel für das Wahren der Textform explizit das Medium der e-mail. Die meisten Verbraucher werden diese nur in ihrem Postfach zur Kenntnis nehmen, ohne sie auszudrucken oder gar dauerhaft zu archivieren. Die Möglichkeit zum Ausdruck und zum Abspeichern, z.B. als Screenshot, besteht genauso bei der temporären ebay-Seite. Es ist meines Erachtens hier nicht angebracht, die Voraussetzungen für ebay Händler derart zu verschärfen. In vielen Angeboten werden die Widerrufsbelehrungen besonders herausgestellt, so dass ein durchschnittlich informierter Verbraucher diese ohne weiteres zur Kenntnis nehmen kann. Mit diesem Urteil, dem sich auch das Oberlandegericht Hamburg in einer weiteren Entscheidung anschloss, wird der Verbraucherschutz übertrieben. Vielmehr besteht für ebay Händler eine um zwei Wochen verlängerte Unsicherheit, ob sich der Käufer nicht doch noch umentscheidet und den Kauf rückabwickelt.

Kontakt und Autor: Martin Boden, LL.M., Rechtsanwalt, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz · Schanzenstraße 51 · 40549 Düsseldorf
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