AG Frankfurt: Keine Haftung für minderjährige Familienangehörige

08.04.2010

Das AG Frankfurt hat mit Urteil vom 17.09.2009 (Az. 31 C 975/08) die Störerhaftung eines Internetanschlussinhabers abgelehnt.

In dem vorliegenden Fall hatte die minderjährige Schwester des Internetanschlussinhabers über den Anschluss einen Bruchteil eines urheberrechtlich geschützten Werkes über ein Tauschbörsenprogramm runtergeladen und damit auch gleichzeitig angeboten.

Das Gericht legte dar, dass grundsätzlich der Anschein dafür spreche, dass der Anschlussinhaber die über seinen Anschluss begangene Rechtsverletzung selbst vollzogen habe. Vorliegend sei es dem Beklagten jedoch gelungen, diesen Anschein zu widerlegen.

Weiterhin betonte das Gericht, dass die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden dürfe, da sonst die Trennlinie zwischen Störerhaftung und Gefährdungshaftung verwischt werde. Daher setze die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus.
Deren Umfang bestimme sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch genommenen nach den konkreten Umständen eine Prüfung zuzumuten sei. Dies gelte auch für die Verpflichtung, zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderliche Vorkehrungen zu treffen, wobei auch diese nur im Rahmen des Zumutbaren und Erforderlichen bestünden.

Weiterhin hat das Gericht der Ausweitung der Störerhaftung über die Anwendung der Grundsätze der so genannten “Halzband-Entscheidung“ eine Grenze gesetzt. Die Grundsätze aus dem „Halzband-Urteil“ seien gerade nicht auf den vorliegenden Fall zu übetragen, da dies einer Gefährdungshaftung des Anschlussinhabers gleich komme. Im Fall der „Halzband-Entscheidung“ hatte eine Ehefrau die Mitgliedsdaten Ihres Mannes ohne dessen Wissen genutzt um bei einer Online-Auktions-Plattform das Namensgebende Cartier-“Halzband“ zu versteigern. Der BGH hatte hier eine Störerhaftung des Mannes angenommen. Grundlage war die Annahme, dass das Mitgliedskonto zugleich Identifikationsmittel sei. Die Identifikationsfunktion der Mitgliedsdaten gehe zudem weit über die Verwendung von Briefpapier o.ä. hinaus.
Dahingegen geht es im vorliegenden Fall nicht um ein Mitgliedskonto, dessen Daten der Identifikation dienen, sondern es geht um den Internetanschluss. Dieser wiederum hat keinerlei Identifikationsfunktion.
Eine Übertragung der Grundsätze der „Halzband-Entscheidung“ auf den gesamten Internetzugang würde die Störerhaftung so stark ausweiten, dass letztlich eine Gefährdungshaftung gegeben sei.

Weiterhin hat das Gericht hervorgehoben, dass keine grundsätzliche Pflicht bestehe, den Anschluss mit technischen Schutzvorrichtungen zu versehen, wenn von außen kein Eingriff erfolgt sei. Die Prüf- und Handlungspflichten des Anschlussinhabers würden sich nicht darauf erstrecken, die Installation von potentiell rechtsverletzenden Programmen in jedem Fall zu verhindern, da man diese auch für rechtmäßige Ziele verwenden könne. Auch bestehe keine grundsätzliche Pflicht den Anschluss permanent zu überwachen, wenn keine konkreten Anhaltspunkte vorliegen würden.

Kontakt und Autor: Martin Boden, LL.M., Rechtsanwalt, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz · Schanzenstraße 51 · 40549 Düsseldorf
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